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BMW X5 xDrive45e: Preis, Geschwindigkeit, Verbrauch - Handelsblatt

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X5 xDrive45e

Das große, halbelektrische SUV von BMW ist komfortabel, aber mitunter auch unpraktisch.

(Foto: BMW [M])

München Autofahren ist eine Frage der Perspektive. Steht man beispielsweise als Fahrer eines BMW Mini vor der roten Ampel zwischen zwei Sport Utility Vehicles (SUV), bleibt ein Gefühl von Winzigkeit. Es ist, als befände man sich in einer Schaluppe im Hafen zwischen zwei Ozeanriesen.

So ganz anders schaut die Welt, leicht erhoben, am Steuer eines BMW X5 xDrive45e aus, der insgesamt 1,75 Meter Gesamthöhe misst. Nun bin ich – im Alltag überzeugter Mini-Fahrer – für zwei Autotestwochen gewissermaßen Maxi-Fahrer. Erfreue mich im SUV der Blickweite eines Quasi-Busfahrers, der an anderen Fahrzeugen vorbeigleitet wie ein Vogel an Insekten. Ein perfekter Perspektivwechsel also: von ganz unten nach ganz oben. Und natürlich habe ich schon vorher mitbekommen, dass BMW selbst nicht von „SUV“ spricht, sondern von „SAV“ – vom „Sport Activity Vehicle“.

Der Test eines solchen „Activity-Autos“ bietet sich aus zwei Gründen an: Erstens, weil solche SUV-Modelle beim Publikum äußerst beliebt sind und den Autoherstellern viel Umsatz und Gewinn bringen. Fast 40 Prozent aller 2019 verkauften BMW-Fahrzeuge waren X-Modelle, die Wachstumsrate lag bei 20 Prozent. Zweitens ist die ökologische Frage aufgeworfen: Wie umweltschädigend sind solche SUVs, selbst wenn sie – wie der Testwagen – halb-, oder sagen wir viertelelektrisch sind? Also wenn sie Verbrennungs- und Elektromotor auf ihre eigene Art kombinieren?

Dass solche Autos mit Steuergeld gefördert werden, könne nicht sein, kritisiert etwa der Grünen-Politiker Cem Özdemir, es handele sich um „Öko-Fake-News“. Für den X5 Plug-in-Hybrid gibt es – zumindest in der Basisversion – nach dem aktuellen Konjunkturprogramm der Bundesregierung immerhin noch 5625 Euro Kaufprämie.

Da die CO2-Emissionen nach Angaben von BMW mit 38 bis 46 Gramm pro Kilometer weit unter der Freigrenze von 95 g/km liegen, fällt wenig Kfz-Steuer an. Und Dienstwagenfahrer müssen für Privatfahrten auch nur 0,5 Prozent des Kaufpreises als geldwerten Vorteil versteuern – halb so viel wie bei einem Verbrenner.

Zunächst einmal bin ich also gespannt, wie lange ich mit dieser ganz besonderen „Öko-Kiste“ elektrisch fahren kann. Das Einsteigen durch die großen Türen ist komfortabel, logisch, dieses Auto ist für größere Menschen sehr gut geeignet. Erster Eindruck: völlige Kopf- und Beinfreiheit. Mit leichtem Quietschgeräusch setzt sich das 2,5 Tonnen schwere Gefährt in Bewegung. Es fährt angenehm leise, die Innenausstattung ist hochwertig, viele Flächen sind unterschäumt. Kein Plastik-Kunststoff-Tinnef.

Bulliger Auftritt

Nicht nur die Niere ist prominent, insgesamt ist der Auftritt des elektrifizierten X5 sehr breitspurig.

(Foto: BMW [M])
Reisemobil

Auf der Langstrecke ist der große SUV erwartungsgemäß komfortabel.

(Foto: BMW [M])

Ja, die Innenwelt dieses elektrifizierten Edel-Geländewagens erfüllt den Premium-Anspruch. Äußerlich wirkt auf mich hingegen, als habe sich ein Schönheitsmodel beim Work-out zu sehr mit Anabolika versorgt. Der vertraute „Nieren“-Kühler wirkt fast zart angesichts der Masse, die sich da aufbaut. Aber es gibt Leute, die das für die perfekte Formel „Body meets Beauty“ halten.

Die ersten Tage fahre ich nur im Innenstadtverkehr von München. Doch es gibt eine erste negative Überraschung: Die von BMW angegebene elektrische Reichweite von 86 bis 97 Kilometer wird glatt verfehlt. Ich komme auf 70 Kilometer. Vielleicht lag es ja am extremen Stopp-and-Go-Betrieb. Dabei ist eine größere Lithium-Ionen-Batterie als im Vorgängermodell eingebaut, nunmehr mit einer Kapazität von 24 kWh.

Das Aufladen der Batterie wiederum ist leicht und unproblematisch, wenn man erst einmal kapiert hat, dass man die Ladesäule am besten gegen die Fahrtrichtung ansteuert. Denn die Aufladedose befindet sich auf der Fahrerseite. Da ich am späten Nachmittag in meiner Straße in München-Schwabing noch den letzten von vier Ladeplätzen erwische, fällt wenigstens das Lösen eines Parktickets weg.

Mein Ladevorgang dauert wegen des einphasigen Ladesteckers, der maximal mit 3,7 kW lädt, allerdings geschlagene sieben Stunden. An einer haushaltsüblichen Steckdose wäre die 24-kWh-Batterie in mehr als zehn Stunden voll. So mal eben umweltschonend mit dem X 5 Plug-in-Hybrid herumzufahren will gut geplant sein. Man ist bei diesem Kurzzeit-Stromer als Umweltfreund darum trotz der vergleichsweise hohen Reichweite immer in Habachtstellung. Wie lange reicht die Ladung noch?

Am nächsten Tag fahre ich mit meiner Frau nach Salzburg. Sie mag sportliche, eher elegant-windschnittige Autos. Ihr imponiert der schneeweiße Koloss augenscheinlich gar nicht. Er sieht tatsächlich dominant, fast bedrohlich aus gegen die beiden Teslas und den i3, die hier an diesem Morgen noch stehen.

Oberklasse

Der Innenraum des X5 ist gewöhnt hochwertig.

(Foto: BMW [M])
Computer regelt den Antrieb

Der BMW berechnet selbst, wann er seine Kraft aus dem Elektro- und wann aus dem Verbrennungsmotor zieht.

(Foto: BMW [M])

Auch glaubt meine Beifahrerin, den skeptischen Blick eines vorbeifahrenden Radfahrers wahrgenommen zu haben. Sie sagt: „Der denkt bestimmt: Hey, Blondie, Du bist auch auf den Hybrid-Öko-Fake reingefallen!“ In Vorstädten und Randbezirken einer Metropole wie München mag ein solcher SUV zum guten Ton gehören, in der City selbst fördert er augenscheinlich den Sozialstatus nicht gerade in ungeahnte Höhen.

Dafür stellt sich die Sache mit der elektrischen Reichweite beim Salzburg-Ausflug schon weitaus besser da. Nun registriere ich immerhin 90 Kilometer. Vielleicht weil wir am Anfang auf der dicht befahrenen Autobahn nur sehr verhalten fahren konnten, mit ungefähr hundert Stundenkilometern. Bei einer Geschwindigkeit von mehr als 140 schaltet der SUV auf Verbrennungsmotor.

Man muss sich für einen von mehreren Betriebsmodi entscheiden, ich überlasse der Automatik die Wahl: Sie entscheidet, wann von Elektrostrom auf Benzin gewechselt wird. Der Tacho ist aufgrund der Anzeigewerte für den Hybridantrieb ziemlich unübersichtlich, fällt mir auf. Es wimmelt nur so von Daten.

Das Bediensystem über den iDrive-Controller wiederum ist selbsterklärend, der Touchscreen gut zu erreichen. Schnell sind die Ortsdaten zum Salzburger Hotel eingegeben und die Wegstrecken entsprechend bestimmt. Das Display im Fenster gibt neben der Geschwindigkeit und möglichen Tempo-Beschränkungen auch die Route an. Das Soundsystem mit sechs Lautsprechern gibt klangrein das Matthew-Halsall-Album wieder, das wir aus unserer Spotify-Playlist per Bluetooth angesteuert haben. Komfort: volle Zustimmung.

Erkennbar ist dieser elektrifizierte BMW X5 ein Auto, das seine Stärken erst auf längeren Strecken ausspielt. Wer will, kann hier in kurzer Zeit extrem beschleunigen, nichts deutet auf größere Kraftanstrengungen hin. 394 PS kombinierte Leistung aus Sechszylinder und Elektromotor entfalten ihre Wirkung. Wie von Zauberhand wird dabei die linke Spur frei – offenbar wirkt der im Rückspiegel erscheinende Koloss wie ein Impuls zum Spurwechsel.

Tacho-Anzeige

Die Anzeigen sind futuristisch, mitunter aber durch die Datenflug auch unübersichtlich.

(Foto: BMW [M])
Ladekabel

Eine Ladung mit dem halbelektrischen X5 dauert mitunter länger.

(Foto: BMW [M])

Das Fahrverhalten des Autos ist auf der Autobahn extrem stabil, selbst bei 235 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit – ganz anders als bei viel geringerem Tempo auf kurvigen Landstraßen, beispielsweise im Salzburger Land. Da wankt der BMW plötzlich doch merklich. Auch wenn man schnell und ruckartig das Lenkrad bewegt, zeigt sich eine gewisse Schwammigkeit. Die Bremsen reagieren schnell – bei einer Fahrt mit 100 Stundenkilometern nach rund 35 Metern.

Bleibt bei diesem Goliath unter Strom nur die Kardinalfrage nach den Umwelteffekten, nach dem Cem-Özdemir-Vorwurf. Bei diesem Thema fällt sofort der hohe Treibstoffverbrauch auf, wenn die Batterie einmal leer ist. Bei einer Reise von München nach Wiesbaden habe ich mir den (fragwürdigen) Spaß erlaubt, meist mit maximal zulässiger Geschwindigkeit zu fahren. Das Ergebnis war ein sehr hoher Verbrauch von fast 15 Litern pro 100 Kilometer. Masse erfordert Energie. Auch ein 69-Liter-Tank leert sich da schnell.

Einmal an der Tankstelle angekommen, muss der BMW-Hybrid-Novize erst einmal nachlesen, dass der Tankdeckel für das Superbenzin über eine Taste links unten im Fahrerraum zu öffnen ist. Auf der Rückfahrt von Wiesbaden fuhr ich dann in der Regel konstant 130 bis 140 Kilometer – und kam auf knapp zehn Liter. Die offizielle Angabe eines Kraftstoffverbrauchs von 1,7 Litern pro 100 Kilometer relativiert sich unter den Bedingungen der Realität leicht selbst.

Das ist, wenn man so will, die Ökofalle des BMW X5 xDrive45e, der wie andere SUV des bayerischen Autokonzerns im amerikanischen Spartanburg produziert wird. Da die elektrische Komponente auf Langstrecken weitgehend entfällt, macht sich der hohe Benzinverbrauch bemerkbar. Die Frage ist: Wie oft laden Dienstwagenfahrer, die viele Kilometer zu bewältigen haben? Und die sieben Stunden auf eine Vollladung warten müssen?

In der Stadt wiederum, wo die Null-Emission gut zum Tragen kommen kann, muss das Schwergewicht-Auto oft an die Ladestation. Zudem ist es aufgrund seiner XXL-Ausmaße ziemlich unpraktisch. Ich traute mich jedenfalls nicht, das 2,22 Meter breite Gefährt (mit Außenspiegeln) in die enge Tiefgarageneinfahrt unseres Bürohauses zu manövrieren. Parkt man den klotzigen BMW-Hybrid draußen auf der Straße, reicht der vorgesehene Platz neben dem Bürgersteig kaum aus. Der Reifen steht zur Hälfte auf der Fahrbahn. Jede kleinere Straße erfordert angesichts solcher Dimensionen ohnehin beim Fahren größere Konzentration.

Kofferraum
(Foto: BMW [M])
Kraftprotz

Trotz elektrischer Hilfe hat der Hybrid-X5 einen doppelten Auspuff.

(Foto: BMW [M])

In Autozeitungen firmiert das Testfahrzeug gern als „bayerischer Jungbulle“. Er hat unzweifelhaft seine Stärken, bietet viel Komfort und Sicherheit – ist jedoch für die Ära des „grünen Autos“ noch nicht optimal vorbereitet. Nach zwei Testwochen verlasse ich wieder die automobile Komfortzone der Sonderklasse und steige in mein wesentlich schlichteres, stadtkompatibles Auto. Nicht ohne mir selbst zu sagen: Das Fahren mit Strom machte viel Spaß. Mein nächstes Modell wird auf jeden Fall elektrisch.

Technische Daten

Fünftüriges, fünfsitziges SUV der oberen Mittelklasse, Länge: 4,92 Meter, Breite: 2,00 Meter (mit Außenspiegeln: 2,22 Meter), Höhe: 1,75 Meter, Radstand: 2,96 Meter, Kofferraumvolumen: 500 – 1.720 Liter

Hybrid-Antrieb: Dreiliter-V6-Turbobenziner, 210 kW/286 PS, maximales Drehmoment: 450 Nm bei 1.500 – 3.500 U/min, Synchron-Elektromotor in Achtgang-Automatik integriert, 83 kW/113 PS, maximales Drehmoment: 265 Nm, Systemleistung: 290 kW/394 PS, Systemdrehmoment 600 Nm, Energiekapazität Lithium-Ionen-Batterie: 24 kWh, Ladezeit: 6,8 Stunden an 3,7-kW-Station, elektrische Reichweite: 67 – 87 Kilometer (nach WLPT-Messung), Allradantrieb, 0-100 km/h: 5,6 s, Vmax: 235 km/h, Normverbrauch: 1,7 – 2,0 Liter/100 km, Stromverbrauch kombiniert: 20,3 – 23,5 kWh/100 km, CO2-Ausstoß: 39 – 47 g/km, Abgasnorm: Euro 6dtemp, Effizienzklasse: A+

Preis: ab 77.600 Euro

Mehr: Stromstoß aus Stuttgart – der Porsche Taycan 4S im Handelsblatt-Autotest




July 22, 2020 at 09:05AM
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